Webinar “Der digitale Staat”

Wie könnte gute Digitalisierung aussehen und wie kann künstliche Intelligenz sinnvoll in der Bundesverwaltung eingesetzt werden? Dies waren Themen an unserem Webinar «Der digitale Staat» vom 29. April 2021.

Mit über 40 Interessierten aus dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft durften wir ein breites Publikum begrüssen. Die Praxiseinblicke haben gezeigt: Damit Digitalisierung in der Verwaltung funktioniert, braucht es vor zwei Dinge: Einerseits müssen die bestehenden Prozesse kritisch durchleuchtet und simplifiziert werden. Andererseits braucht es das nötige «Mindset» und den Mut, innovativ und lösungsorientiert vorzugehen. Kommen neue Technologien wie die künstliche Intelligenz zum Einsatz, so ist vor allem die vernetzte Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung wichtig, damit Know-how geteilt wird und nicht unzählige Male dieselben Probleme isoliert behandelt werden.

Im ersten Vortrag gab Doris Reber, Projektleiterin bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV), Einblicke in das Transformationsprogramm «DaziT» der Zollverwaltung. Dieses soll die EZV grundlegend digitalisieren und neu aufstellen – in Zukunft als neu benanntes «Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit» (BAZG). Hervorgehoben hat die Referentin die schiere Grösse der acht Jahre dauernden Transformation und deren weitreichende Implikationen. Die EZV verwaltet jährliche Einnahmen von fast 23 Milliarden Franken, kümmert sich um den Vollzug der Zollgesetzgebung sowie über 150 nichtzollrechtlicher Erlasse, um die Frontex-Zusammenarbeit und Vieles mehr. Inhaltlich sei es wichtig, bestehende Prozesse wo immer möglich zuerst zu vereinfachen und erst dann zu digitalisieren («simplify first, then digitise»). Es sei eine verlorene Chance, schlechte Prozesse aufwendig zu digitalisieren, um dann im Resultat zwar digitale, jedoch weiterhin suboptimale Prozesse zu erhalten.

Im Anschluss an diesen Vortrag stellte Christine Vetsch, Business Analystin der EZV, ein praktisches Beispiel vor, wie die Zollverwaltung den Warenverkehr digitalisiert. Konkret ging es um die Automatisierung des Grenzübertritts von Lastwagen. Nach einer Brainstorming-Phase einigte man sich auf den Einsatz einer App, die den Transportfirmen nun zur Verfügung steht. Im Rahmen eines Hackathon (eine Art Programmier-Wettkampf) wurde zuerst der Auftrag zur Erstellung eines Prototypen erteilt. Mit der App werden beim Durchqueren bestimmter Zonen (Geofences) die relevanten Informationen zu den Waren automatisch an den Zoll übermittelt. Im Idealfall wird so ein Grenzübertritt ohne Anhalten und Verlassen des Fahrzeugs möglich. Ferner betonte die Referentin die fundamentale Bedeutung des Kulturwandels innerhalb der Organisation, damit die Digitalisierung zum Erfolg werden kann. Alle Beteiligten müssten den Mut aufbringen, neue und innovative Prozesse auszuprobieren.

Im letzten Vortrag präsentierte Dieter J. Tschan (Bundeskanzlei) das geplante Kompetenznetzwerk Künstliche Intelligenz (KNW KI) des Bundes, dessen Aufbau er leitet. Dass KI eine Schlüsselrolle im Umgang mit grossen Datenmengen darstellt, liegt auf der Hand. Auch in der Verwaltung ist das Potential gross, wie etwa eine vom Kanton Zürich in Auftrag gegebene Studie zeigt: Vom Einsatz künstlicher Intelligenz verspricht man sich eine Entlastung der Arbeitsprozesse, Effizienzsteigerungen und verbesserte Servicequalität. Auf Bundesebene soll das KNW KI als interdepartementales Team funktionieren, welches die einzelnen Bundesämter in Projekten künstlicher Intelligenz beratend unterstützt und das dezentral vorhandene Wissen an verschiedenen Orten innerhalb der Bundesverwaltung möglichst effizient verbindet. Dieter J. Tschan betonte, es solle verhindert werden, dass in der Bundesverwaltung 70 Mini-Kompetenznetzwerke entstehen. Stattdessen solle von gemachten Erfahrungen profitiert werden. Auch er plädierte für einen ergebnisorientierten, dynamischen Ansatz. Besonders hob er hervor, dass künstliche Intelligenz als Chance und Unterstützung verstanden werden soll und nicht als Gefahr.


Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung von Gian Heimann verfasst. Danke Gian!