Umsetzung des Gesundheitsberufegesetzes: das Update zum Update

Unser Detector hat schon zuvor Probleme bei der Regulierung der Gesundheitsberufe geortet. Nun hat der Ablauf der Übergangsfrist im Gesundheitsberufegesetz eine Welle von juristischen Entwicklungen ausgelöst. Höchste Zeit für einen Überblick und neue Links zur aktuellen Situation.

Philipp do Canto
Obwohl der Tag nach wie vor 24 Stunden hat, dreht sich die Erde immer schneller. Was für die Weltpolitik gilt, trifft auch auf das Schweizer Gesundheitswesen zu. Seit am 31. Januar um Mitternacht eine Übergangsfrist in Artikel 34 des Gesundheitsberufegesetzes GesBG abgelaufen ist, überschlagen sich nachgerade die rechtlichen Ereignisse.

Zunächst hat das Bundesverwaltungsgericht in kurzer Zeit über ein halbes Dutzend Urteile zu Anerkennungsgesuchen für ausländische Diplome in Osteopathie erlassen. In den erfolgreichen Beschwerden kritisierten die St. Galler Richterinnen und Richter das zuständige Schweizerische Rote Kreuz – nicht zum ersten Mal. Der Tagesanzeiger, der Blick, das Schweizer Fernsehen u.a. berichteten (Links z.T. zahlungspflichtig).

Eine tragbare Praxis für Praxen

Im Kern geht um die Bewilligungspflicht für die eigenverantwortliche Berufsausübung in den Fachbereichen des GesBG. Wegen der Auslegungsbedürftigkeit des Begriffs der „fachlich eigenverantwortlichen Tätigkeit“ besteht auch fünf Jahre nach Einführung des Gesetzes noch Unklarheit über die Anwendung in der Praxis. Gilt die Bewilligungsregel nur für Praxisverantwortliche oder für alle Fachpersonen, die ihre Hand an die Patienten legen?

Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli hat noch im Winter einen Marschhalt verfügt, um die Umsetzung des GesBG näher zu prüfen. Sie hat ein Rechtsgutachten von unserm geschätzten Kollegen Gregori Werder über die Trennlinie zwischen fachlich eigenverantwortlicher Tätigkeit und unselbständiger Tätigkeit in Auftrag zu geben. Das Gutachten öffnet die erforderlichen Spielräume für Praxen, auch nichtselbständige Fachpersonen ohne Bewilligung arbeiten zu lassen.

Die Unterscheidung ist keineswegs nur für Rechtsabteilungen bedeutsam. Im Gegenteil: In einigen Spitexbetrieben und Physiotherapiepraxen sei es zu Inspektionen gekommen, bei denen angestellte Pflegende ohne Berufsausübungsbewilligung oder ohne anerkanntes Schweizer Diplom von der Tätigkeit ausgeschlossen werden sollten. Dies hat in der ohnehin stark unter Druck stehenden Branche erheblichen Widerstand ausgelöst. Zudem haben die Zusatzversicherungen begonnen, ihre Therpautinnenlisten zu «bereinigen». Selbständigen ohne Berufsausübungsbewilligung droht die Streichung von der Liste. Dies ist der harte Boden der Realität für Therapeuten, aber auch für Patientinnen, die die Behandlungen nurmehr aus dem eigenen Portemonnaie berappen müssen.

Politisches Hin-und-Her

Auch unsere Parlamentarierinnen waren aktiv und reichten Interpellationen und Fragen zur mangelnden Aufsicht über das SRK als Anerkennungsbehörde ein. Die bisherigen Antworten des Bundesrates sind jedoch süffisant: Seit der Verabschiedung des GesBG hätten die betroffenen Fachpersonen ja mehr als acht Jahre Zeit gehabt, um sich an die neuen Anforderungen anzupassen. In der Osteopathie trifft das leider nur für die Westschweiz zu. In der Deutschschweiz gibt es nämlich erst seit im Herbst 2026 den ersten Masterstudiengang. Wer kein Französisch kann, bleibt aussen vor. Eins zu null für die Bürokratie gegen die Gesundheitsversorgung. Das Gesetz selbst diskriminiert die deutsche und italienische Schweiz.

Da dies nur der Public Sector Detector ist und nicht der Berner Kommentar, wird der stete Fluss juristischer Dokumente hier nicht vertieft. Wer über Ostern eine Sitzbank unter blühendem Flieder findet, möge sich entschleunigend der Lektüre eines Urteils oder Gutachtens widmen.

Ausblick: In der Angelegenheit sind u.a. noch Verfahren beim Bundesgericht hängig. Damit wird uns das Thema auch in einem künftigen Update beschäftigen.

(Bild: A. Sochnev)